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Selbstreflexion: „Was will ich wirklich?“


Die Entscheidung für das physische und psychische Wohlbefinden meines Pferdes HORSENSATION

Es ist manchmal schon heftig, wenn man länger ein Thema hat, über welches man gerne schreiben würde und dann holt es einen plötzlich ein… Mein Thema wäre „Kontrolle“ gewesen und siehe da – ich kontrolliere mein Pferd selbst mit Gewalt! Vielleicht hat mir mein Unterbewusstsein schon näher bringen wollen, dass ich gerade vom Weg abgekommen bin. Ich habe es einfach zu lange ignoriert – bis zum ersten Februar Wochenende – da wurde mir so einiges klar! Was genau, erfährst du nun hier:






Mein Ehrgeiz und was er im schlechtesten Falle anstellen kann

Wer schon länger meinen Blog verfolgt und liest, weiß, dass ich letztes Jahr von Januar bis Juli meinen Néo in Beritt hatte. Diese Zeit nutzte ich sehr für mich und arbeitete an einigen Dingen, die 2015 während des 6 Tages-Seminars in der Saliho School aufgedeckt wurden. Ich kam auch sehr gut voran und bemerkte, dass die Besuche meinerseits immer freudiger vom Néo angenommen wurden und ich auch immer besser mit ihm in Verbindung treten konnte (und damit meine ich keine Gedankenübertragung, sondern einfach nur Zusammensein zu können, ohne irgendwas erreichen oder tun zu wollen). Dadurch, dass ich meine Unsicherheit immer mehr wegbekommen hatte, verlor ich auch nach und nach die Angst, die mich schon sehr lange beherrscht hatte. Als er dann heim kam befasste ich mich gute sechs Monate nur damit, bei ihm zu sein, es zu genießen und die Natur mit ihm zu erkunden. Es lief wunderbar! Natürlich nicht perfekt und ich weiß nun auch, dass ich immer mehr das Gelernte von der Saliho School vergaß und auch immer weniger anwandte. Bis ich einen Termin als Wochenschülerin (Akademische Reitkunst) ausmachte und meinte, dass ich jetzt dafür trainieren und üben sollte (damit ich mich nicht komplett blamiere, so ohne Fortschritt)… Plötzlich, Tag für Tag, Woche für Woche, als ich das durchzog, änderte sich etwas. Langsam und schleichend. Die Qualität unserer Zeit miteinander litt, da ich durch meinen Ehrgeiz wieder viel zu viel von ihm wollte. Ich übersah so viele Signale, sowohl bei ihm, als auch bei mir. Bis er wieder mehr und mehr zu einem Nervenbündel wurde. Und ich wieder mein Glück im Néo suchte. Ihn Verantwortlich machte, dass nichts klappt und alles so schlecht lief. Dabei verwandelte ich mich wieder in einen Menschen, der ich eigentlich nicht mehr sein wollte. Ich wollte keine Gewalt und Unterdrückung mehr betreiben – tat es aber! Immer mit dem Kappzaum bewaffnet übte ich höchst schmerzvolle Gewalt an ihm aus, unterdrückte ihn durch Befehle und bestrafte ihn. Dabei unterstützte ich alles mit Leckerlis, um eine scheinbare Beziehung aufrecht zu erhalten – eine Beziehung, die nach und nach verloren ging, als ich mehr und mehr von ihm wollte.



Analyse und Entscheidungen

Am 4. und 5. Februar hatte ich meinen Workshop in der Saliho School, wo wir hauptsächlich Videos jeder Teilnehmer ansahen und Alexandra König diese analysierte. Ein Video war dabei, welches mich auch nochmal sehr beschäftigte. Es war ein Ausdruck eines Pferdes, als es sich in sich selbst verkroch und die Außenwelt von sich abschirmte. Genau diesen Ausdruck sah ich so oft während des Trainings bei meinem Pferd! Ich hatte da tatsächlich immer ein ungutes Gefühl, aber ich unterdrückte es, da mich mein Ehrgeiz schon so gefangen genommen hatte. Auch während meines Aufenthalts im Beritt, gab es solche Momente, wo er gar nicht mehr reagierte. Einmal sollte ich Handarbeit mit ihm machen – also Trense und Zügel und ich nebenher. Plötzlich stand er da, total in sich gekehrt, komplett abgeschossen… Dieser Ausdruck war wohl der Schlimmste, den ich je bei ihm gesehen hatte! Und ich fühlte regelrecht seine Hilflosigkeit! Voller Angst um ihn, fragte ich was mit ihm sei… Am Ende habe ich auch das wieder herunter gespielt… Obwohl jede Alarmglocke in mir klingelte!

Während dann mein Video analysiert wurde, war mir gar noch nicht klar, wie viel Schaden ich seither bei ihm angerichtet hatte! Wie viel Kompetenz ich bei ihm schon verloren hatte… Wie hilflos er auf sich selbst gestellt war und wie ich ihn in Not brachte… Mir fiel es wie Schuppen von den Augen, als ich bemerkte, was der Auslöser war: Mein Denken, dass ich reiten MUSS und dass ich ihn trainieren MUSS – weil ich ja schon einen Kurs gebucht hatte… In dem Moment war mir dann klar, dass ich diesen unbedingt absagen sollte, wenn mir das Wohl, die Freiwilligkeit und die Freude meines Pferdes am Herzen liegt. Das Andere ist ja auch, dass ich so viel Glücklicher war, als ich einfach nur bei ihm stand! Die Sterne mit ihm betrachtete, den Wind lauschte und einfach nur war. Mit ihm durch den Wald streifte und mehr und mehr von ihm und mir erfuhr. Das war die Essenz, die ich so lange gesucht hatte. Und nur weil um mich herum jeder ritt und Zirkustricks und andere Dinge machte, dachte ich, ich muss das auch tun, um für einen vollwertigen Pferdemenschen gehalten zu werden – was für ein riesen Schwachsinn!



Mein Weg noch einmal Schritt für Schritt

Es ist genau das Gleiche, wie wenn wir in einem Stall sind, wo die Pferde kaum raus kommen, mit zugeschnürten Sperrhalfter in Rollkur geritten werden und Turniere pflicht sind um dazu zu gehören. Wenn man ständig so etwas täglich sieht, fällt es bestimmt schwer, anders zu denken. Denn da ist es ja Gang und Gäbe. Es ist normal und den Pferden geht es ja scheinbar gut – Warum es nicht genauso machen?

Da kommt dann die innere Stärke zu Tage, die bei den einen vorhanden ist und beim anderen nicht. Bei mir ist sie noch nicht so ausgeprägt, deswegen habe ich mich in diesem Fall von äußeren Bildern so beeinflussen lassen. Ich vergaß nach was ich wirklich strebte und nahm ein Ziel als meines an, welches gar nicht zu mir passte. Und das bloß weil ich dachte, dass ich mein Pferd nur gesund erhalten kann, wenn ich es nach der akademischen Reitkunst trainierte. Natürlich ist ein gesunder und tragfähiger Rücken notwendig, wenn man vor hat, sich auf diesen zu schwingen, aber was habe ich auf dem Rücken meines Pferdes zu suchen, wenn am Fundament noch so gar nichts passt?! Und ich meine damit nicht, das Gebäude, sondern die Beziehung! Die Beziehung ist das Fundament für alles weitere! Ohne Freiwilligkeit, Freude und Vertrauen brauche ich gar nicht weiter zu machen. Selbst nicht am Boden.

Jetzt heißt es, wieder von Vorne anzufangen. Mich erst einmal in der Herde „beweisen“, das heißt durch mentale Kraft meinen Sicherheitsbereich zu wahren. Das erkennt dann auch mein Pferd, dass ich gut um mich sorgen kann und lande damit endlich wieder einen Pluspunkt. Danach heißt es Kumpelhafte Fellpflege, kein mütterliches „abschlecken“, wie ich es bisher betrieben hatte und ihm damit deutlich machte, dass er ein hilfloses Fohlen ist. Und während dieser Fellpflege auch wieder einen, für uns sicheren und ungestörten Raum zu wahren. Dann heißt es, Schritt für Schritt, Meter um Meter, raus in die Welt und zwar hellwach und strategisch gerüstet! Um ihm so fein, friedlich und kompetent wie möglich eine Führung anzubieten, neben der er sich sicher und wohl fühlen kann.

Und zwar ohne Kappzaum! Dieses Teil kommt mir nicht mehr in die Finger! Denn außer dem Schmerz, den ich damit verursachte, zog ihn das Seil vorne an der Nase körperlich und psychisch regelrecht runter…

Wichtig für mich ist auch, dass ich ihm seinen und ich mir meinen Raum wahre, während wir unterwegs sind. Ich muss ihn loslassen, von meiner Kontrolle wegkommen. Ihm in seinem Bereich lassen, damit er bei sich bleibt und nicht Schutz in meiner Nähe sucht – denn diese Nähe ist weder für ihn noch für mich hilfreich. Nur so kommt er in seine eigene Kraft und erlangt mehr und mehr Selbstbewusstsein. Das heißt nicht, dass ich ihn alleine lasse, wenn er Angst bekommt, sondern, dass ich mit gutem Beispiel voran gehe und er mich damit als Vorbild nehmen kann. Und wenn er dann soweit ist, kann er gerne auch mal die Führung übernehmen – also weiter vorne laufen und Vorschläge mit einbringen.

ERST DANN wären wir soweit an der Gymnastizierung zu arbeiten. Und auch nur dann, wenn er sich dafür frei und freiwillig anbietet. Dabei sollte ich auch unbedingt darauf achten, dass ich nicht wieder in einem Ehrgeiz-Modus verfalle und mehr verlange, als er geben kann und möchte. Das heißt: Ganz genau hinsehen, wie es ihm dabei geht und ab wann er wieder in Gehorsam verfällt und sich von der Außenwelt abschottet. Das Wissen der Akademischen Reitkunst kann ich ja trotzdem nutzen – ich muss es ja nicht genau so machen, wie es die anderen tun. Auch in in der A. K. wird sehr darauf geachtet, dem Pferd mit dem eigenen Körper Signale zu übermitteln. Das Problem hierbei ist, dass das Seil als Verstärkung und Kontrollmittel benutzt wird. Sobald man also dem Pferd etwas beibringt und dabei körperlich das Seil nutzt, verfällt man schon wieder in die Konditionierung… Was ich ja sicherlich nicht mehr möchte.

Ich freue mich nun schon auf meinen Weg, weil ich weiß, dass es mir und auch meinem Pferd gut tun wird. Und sobald ich Anfälle von Ehrgeiz und Ungeduld bekomme, werde ich mir Zeit geben, inne halten und mich fragen: „Was will ich wirklich?“



Kleinigkeit zum Schluss

Wir können so froh sein, dass wir Pferde an unserer Seite haben, die ehrlich „aussprechen“ wo unsere Schwächen liegen und welche Fehler wir begehen. Um dann sofort zu verzeihen und mit uns neu anzufangen, wenn wir dies erkannt und bearbeitet haben. Wir bekommen dabei nicht nur das Geschenk, in völliger Harmonie und Friedlichkeit mit unserem Partner, dem Pferd, beisammen zu sein, sondern auch die Möglichkeit zufriedener und glücklicher durchs Leben zu gehen.

Und ich bin wirklich froh, diesen Blog angefangen zu haben. Er hilft mir, meine Gedanken in eine logische, und auch für mich verständliche, Reihenfolge zu sortieren! Genau so, wie ich es mir erhofft hatte. Und dabei erreichen mich nun immer mehr Nachrichten von lieben Menschen, die durch meine Einträge Inspiration gesammelt haben. Mit diesem positiven Nebeneffekt macht es mir gleich 100 mal mehr Spaß! Danke dafür! ♥


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